Bulwiengesa-Studie: Neues Einkaufszentrum in der HafenCity mit negativen Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel
Gemeinsame Pressemitteilung
- Trägerverbund Projekt Innenstadt e.V.
- Alida Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG, Hamburg, vertreten durch die Allianz Real Estate Germany GmbH
- Art-Invest Real Estate Management GmbH & Co. KG, Köln
- Deutsche EuroShop AG, Hamburg
- Quantum Immobilien, Hamburg
- Real I.S. AG, München
Bulwiengesa-Studie:
Neues Einkaufszentrum in der HafenCity mit negativen Auswirkungen auf den innerstädtischen Einzelhandel
Das geplante Einkaufszentrum in der HafenCity wird in der gegenwärtigen Planung erhebliche negative Auswirkungen auf die Hamburger Innenstadt haben. Dies ist das Ergebnis einer Studie der bulwiengesa AG, die heute vom Trägerverbund Projekt Innenstadt e.V. und mehreren in der City engagierten Investoren, namentlich der Alida Grundstückgesellschaft mbH und Co. KG (vertreten durch die Allianz Real Estate Germany GmbH), Art-Invest Real Estate Management GmbH & Co KG, Deutsche EuroShop AG, Quantum Immobilien und Real I.S. AG, vorgestellt wurde.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Mit dem Überseequartier entsteht das größte Shopping-Center Norddeutschlands. „Es ist nicht in das innerstädtische Haupteinkaufsgeschehen eingebettet, sondern steht weitgehend neben diesem.“ (bulwiengesa). Die Verkaufsfläche wurde gegenüber den ursprünglichen Planungen von 34.000 Quadratmetern auf 68.000 Quadratmeter verdoppelt. Hinzu kommen noch 6.000 Quadratmeter im nördlichen Teil des Überseequartiers.
- Aus einem offenen Quartier ist eine weitgehend geschlossene Mall geworden.
- Derzeit sind keinerlei Auflagen (Sortimentsbeschränkungen, Ansiedlung innovativer Konzepte, Umsiedlungsbeschränkungen) vorgesehen.
- Das neue Einkaufszentrum wird im Bereich „modischer Bedarf“ rund 241 Millionen € Umsatz machen. Dies entspricht einem Viertel des derzeitigen entsprechenden Umsatzes der gesamten Innenstadt.
- Auch unter Berücksichtigung zusätzlicher Kunden, die durch das Überseequartier nach Hamburg geholt werden, wird die Innenstadt mindestens 119 Millionen € bzw. 13 % des Mode-Umsatzes an das neue Einkaufszentrum verlieren, Umsatzverluste von mehr als 15 % halten die Gutachter für möglich. Zum Vergleich: Von 2005 bis 2014/15 stieg der Modeumsatz der Innenstadt nominal nur um 94 Millionen € von 846 auf 940 Millionen €. Der Modeumsatz der Hamburger Innenstadt würde daher deutlich unter das Niveau von 2005 fallen.
- Parallel wächst die Verkaufsfläche der Innenstadt derzeit um 11%, der Onlinehandel wächst gerade im Modebereich derzeit rasant (nach einer Schätzung des IFH könnte der Umsatzanteil des Online-Handels im Fashion-Bereich bis zur Eröffnung des Überseequartiers von derzeit 18,9 % auf über 32 % steigen). Dies wird zu zusätzlichen Umsatzrückgängen bei zahlreichen Geschäften führen.
- Die Frequenz in der Hamburger Innenstadt wird um mindestens 10.000 bis 15.000 Menschen am Tag sinken. Dabei wird die Innenstadt vor allem kaufkraftstarke Kunden aus dem Süden und Osten Hamburgs verlieren.
- Insbesondere die Nebenlagen der Hamburger Innenstadt mit ihren inhabergeführten und individuellen Geschäften sowie die kleinteiligen Ladenpassagen und Galerien werden negativ betroffen sein, Trading-Down-Effekte sind zu befürchten.
Heinrich Grüter, Geschäftsführer Trägerverbund Projekt Innenstadt: „Etwa anderthalb Kilometer von der gewachsenen City entfernt, soll binnen weniger Jahre ein riesiges Einkaufszentrum entstehen. Kaum ein Mensch wird sich auf den langen Weg vom Überseequartier in die Innenstadt machen – die Kunden werden sich künftig für das Einkaufszentrum oder für die Innenstadt entscheiden. Nachdem es uns in den letzten Jahren mit großem Engagement vieler Händler und Grundeigentümer gelungen ist, positive Entwicklungen in der Innenstadt anzustoßen, sehen sich viele angesichts der Dimension des neuen Wettbewerbers um ihr Engagement betrogen. Wir brauchen jetzt keine Pseudo- Maßnahmen, die mit ein paar Bänken den Weg zwischen Überseequartier und Innenstadt attraktiver machen. Stattdessen brauchen wir klare Leitplanken für das neue Einkaufszentrum, damit die Hamburger Innenstadt nicht über die Maßen geschwächt wird.“
Trägerverbund und Investoren fordern daher vom Hamburger Senat, die erst 2014 im „Innenstadtkonzept Hamburg 2014“ der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt festgeschriebenen wesentlichen Eckpunkte bei der Aufstellung des Bebauungsplans für das Überseequartier zu beachten:
- Begrenzung der Verkaufsfläche für das gesamte Überseequartier (Nord- und Südteil) auf rund 60.000 Quadratmeter (s. Innenstadtkonzept 2014).
- Festschreibung der Ansiedlung neuer Konzepte: „Die neue Konstellation der Handelslagen kann ein Erfolg werden, wenn bei der Entwicklung des Überseequartiers eine reine Wiederholung bekannter Themen, Warensortimente und Präsentationsformen vermieden wird.“ (Innenstadtkonzept Hamburg 2014)
- Konsequent offene Gestaltung statt einer geschlossenen Mall – nach den aktuellen Planungen liegen mehr als die Hälfte der neuen Verkaufsflächen (im Basement und unter der „Rampe“) de facto in einem klassisch geschlossenen Einkaufszentrum. Hingegen forderte das Innenstadtkonzept: „Am Magdeburger Hafen setzt man auf die Anziehungskraft öffentlicher Räume, auf eine den Wasserlagen zugewandte und in die Stadt integrierte offene Konzeption einzelner Gebäude“.
Zudem fordern die Innenstadt-Akteure und der Trägerverbund:
- Begrenzung des Modeanteils in Übereinstimmung mit dem Ausschuss für Handel der Handelskammer auf maximal 60 % der Verkaufsfläche.
- Verbindlicher Verzicht auf eine Bevorzugung des Überseequartiers bei den Öffnungszeiten (Sonntagsöffnung).
- Umsetzung der im Koalitionsvertrag von SPD und Grünen festgeschriebenen erheblichen Investitionen zur städtebaulichen Aufwertung der Hamburger Innenstadt rechtzeitig bis zur Eröffnung des Überseequartiers. („So sind z.B. die Wegeverbindungen zwischen City und HafenCity aufzuwerten: Verknüpfung von Spitalerstraße und Mönckebergstraße über die Achse Kurze Mühren/Georgsplatz/Brandsende, Gerhart-Hauptmann-Platz/Alstertor nach Norden zum Ballindamm und nach Süden über die Steinstraße zum Kontorhausviertel. Hinzu kommen die Belebung des Kontorhausviertels und die Aufwertung von Buchardplatz, Gerhart-Hauptmann-Platz, Georgsplatz, Gertruden-kirchhof.“ (Koalitionsvertrag von SPD und Grünen 2015)
Die Freie und Hansestadt Hamburg hat in den zurückliegenden Jahren eine viel beachtete städtebauliche wie auch wirtschaftliche Entwicklung durchlaufen. Diese positiven Effekte sind zurückzuführen auf ein hohes Maß an Sensibilität, Professionalität und Gestaltungswillen bei Politik und Verwaltung. Insbesondere jedoch die Einbindung der Bürger sowie zahlreicher Unternehmen und Institutionen in die Diskussions- und Entscheidungsprozesse kann als vorbildlich bezeichnet werden und hat diese Entwicklung mitgetragen. Initiative und ein sachlich-kritischer Dialog sind auch mit Blick auf die Einzelhandelsbebauung im südlichen Überseequartier wünschenswert. Dabei steht die Ansiedlung von Einzelhandel in der Hafen-City grundsätzlich außer Frage. Es geht jedoch um die Realisierung einer Konzeption, die zu einem fairen Wettbewerb mit anderen Einzelhandelsgebieten, insbesondere mit der Hamburger City, führt.
Über die bulwiengesa AG bulwiengesa bewertet die Perspektiven von Immobilienmärkten und einzelnen Liegenschaften auf Basis von langjähriger, exakter Daten- und Beratungskompetenz. Mit seiner mehr als 30-jährigen Tradition und knapp 80 Mitarbeitern ist bulwiengesa eines der großen unabhängigen Beratungs- und Analyseunternehmen für Regionalökonomie und Immobilien in Kontinentaleuropa.
Über den Trägerverbund Projekt Innenstadt e.V. Der Trägerverbund Projekt Innenstadt entstand 1984 aus einer städtebaulichen Initiative der Gewerbetreibenden und Grundeigentümer der östlichen Innenstadt. Sein Zweck ist die Förderung der Attraktivität der Hamburger Innenstadt bei Planung, Neugestaltung und Umbau mit den Plangebieten Innenstadt und HafenCity.
Kontakt: Trägerverbund Projekt Innenstadt e.V. Heinrich Grüter Tel.: 040 / 336441 Mobil: 0172 / 4020087 heinrich.grueter@traegerverbund-innenstadt.de
bulwiengesa AG Andreas Gustafsson Tel.: 040 / 42 32 22 0 gustafsson@bulwiengesa.de
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